Nachgedanken zum Erdbeben in Nepal

Dank persönlicher Beziehung zu einer guten Bekannten in Kathmandu, Sushma Bajracharya, konnten wir vom ihrem Freundeskreis in Deutschland und der Schweiz unbürokratisch Soforthilfe leisten. Dieses Foto aus Chyauthe Nuwakot erreichte mich kürzlich von Sushma’s Tochter Tara. Das Erdbeben zerstörte Kulturgüter und Existenzen. Es sind viele Tote zu beklagen. Wer nur von Elementarschäden betroffen ist, wie wohl viele der Familien dieser Kinder, kann nicht auf Wiederaufbauhilfe durch eine Gebäudeversicherung zählen. In einem Haus stecken ja immer Ersparnisse, manchmal die mehrerer Generationen. Viele Familien sind arm und wissen nicht wie sie wieder zu einem stabilen Haus kommen.

Die Erdbebengefahr ist rund um den Himalaya hoch. In Sichuan/China bebte die Erde 2008 stark. Das Erdbeben von Gujarat 2002 erlebte ich in Delhi. Aus 1500 km Entfernung, als ich mit einem Arbeitskollegen beim Frühstück sass. Ich hatte ein derart lang anhaltendes Beben der Erde noch nie zuvor in meinem Leben erlebt.

2015-05-NuwakotFür Erdeben-sicheres Bauen fehlt in Nepal und in vielen Himalaya Ländern oft die angepasse Technolgie und die Wirtschaftskraft. Zudem drohen in diesem jungen Gebirge Hangrutschungen, vor denen es oft kaum Schutz gibt. Weil ich persönlich in Nepal gelebt habe, wirft so ein Naturereignis für mich existenzielle Frage auf, zu  welchen es keine einfachen Antworten gibt. Vielen Bewohnern Italiens gehen solche  Fragen wohl auch durch den Kopf. Viele Teile unseres südlichen Nachbarlandes sind wesentlich grösseren Erdbebenrisiken ausgesetzt als die Schweiz… Die Erdkruste ist, gemessen am Radius der Erde dünn, fragil und an vielen Orten jung. So wie die Kinder auf dieser Aufnahme und wie das Gestein auf dem sie sitzen. Sie blicken in eine ungewisse Zukunft, nehmen ihr Schicksal aber doch hin. Es ist ein Moment innezuhalten und sich an Mani Matter’s Lied zum Bundeshaus zu erinnern – es stoht nume uf Ziit. Dies gilt für das ganze Bauwerk Schweiz. Niemand weiss, wie lange es Bestand haben wird. Auch bei uns nicht.

Othmar Schwank, Rüdlingen, 25. Mai 2015