Politikversagen korrigieren

Ein Ja zur AKW Ausstiegsinitiative am 27.November gefährdet die Schweizer Stromversorgung nicht. Diesen Winter fehlt eine AKW Leistung von 1500 MW, mehr als 2017 vom Netz genommen werden müsste, ohne das Swissgrid bisher vor einem Blackout warnt. Bis Gösgen vom Netz muss, wird der Zubau an Erneuerbaren gegenüber heute einen Teil der Lücke schliessen. Der Strompreis steigt leicht, was der Wasserkraft zugutekommt. Die Stadt Schaffhausen profitiert davon. Die Sorge um Dreckstromimport von Unternehmerparteien, die Lenkungsabgaben bisher immer abgelehnt haben, erstaunt. Wenn die Schweiz während ein paar Jahren etwas mehr Kohlestrom in Winternächten importiert, um Pumpspeicherseen zu füllen, so wird deswegen in Europa insgesamt nicht mehr CO2 ausgestossen. Unser Import zieht die europäischen Zertifikatpreise hoch und so öffnen sich für Erneuerbare im europäischen Strommarkt neue Chancen. Das ist Markt.

Zudem: die AKW Leistung die jetzt ausser Betrieb ist, drückt ehrlich gerechnet deren variable Kosten hoch. Es ist eine Augenwischerei, dass sich der Weiterbetrieb von AKWs über die Frist der Initiative hinaus lohnen soll. Jedes weitere Betriebsjahr wird teurer und produziert weitern heissen Atomabfall. Bei den tiefen Strompreisen verdienen die AKWs die Vollkosten der nuklearen Entsorgung nichtmehr. Damit erhöht damit die Deckungslücke bei den Entsorgungskosten, die dereinst vom Steuerzahler zu begleichen sein wird. Es erstaunt, dass der Gewerbeverband nicht davor warnt, praktisch insolventen AKWs durch Weiterbetrieb gutes Steuergeld hinterherzuwerfen.

Nachgedanken zum Erdbeben in Nepal

Dank persönlicher Beziehung zu einer guten Bekannten in Kathmandu, Sushma Bajracharya, konnten wir vom ihrem Freundeskreis in Deutschland und der Schweiz unbürokratisch Soforthilfe leisten. Dieses Foto aus Chyauthe Nuwakot erreichte mich kürzlich von Sushma’s Tochter Tara. Das Erdbeben zerstörte Kulturgüter und Existenzen. Es sind viele Tote zu beklagen. Wer nur von Elementarschäden betroffen ist, wie wohl viele der Familien dieser Kinder, kann nicht auf Wiederaufbauhilfe durch eine Gebäudeversicherung zählen. In einem Haus stecken ja immer Ersparnisse, manchmal die mehrerer Generationen. Viele Familien sind arm und wissen nicht wie sie wieder zu einem stabilen Haus kommen.

Die Erdbebengefahr ist rund um den Himalaya hoch. In Sichuan/China bebte die Erde 2008 stark. Das Erdbeben von Gujarat 2002 erlebte ich in Delhi. Aus 1500 km Entfernung, als ich mit einem Arbeitskollegen beim Frühstück sass. Ich hatte ein derart lang anhaltendes Beben der Erde noch nie zuvor in meinem Leben erlebt.

2015-05-NuwakotFür Erdeben-sicheres Bauen fehlt in Nepal und in vielen Himalaya Ländern oft die angepasse Technolgie und die Wirtschaftskraft. Zudem drohen in diesem jungen Gebirge Hangrutschungen, vor denen es oft kaum Schutz gibt. Weil ich persönlich in Nepal gelebt habe, wirft so ein Naturereignis für mich existenzielle Frage auf, zu  welchen es keine einfachen Antworten gibt. Vielen Bewohnern Italiens gehen solche  Fragen wohl auch durch den Kopf. Viele Teile unseres südlichen Nachbarlandes sind wesentlich grösseren Erdbebenrisiken ausgesetzt als die Schweiz… Die Erdkruste ist, gemessen am Radius der Erde dünn, fragil und an vielen Orten jung. So wie die Kinder auf dieser Aufnahme und wie das Gestein auf dem sie sitzen. Sie blicken in eine ungewisse Zukunft, nehmen ihr Schicksal aber doch hin. Es ist ein Moment innezuhalten und sich an Mani Matter’s Lied zum Bundeshaus zu erinnern – es stoht nume uf Ziit. Dies gilt für das ganze Bauwerk Schweiz. Niemand weiss, wie lange es Bestand haben wird. Auch bei uns nicht.

Othmar Schwank, Rüdlingen, 25. Mai 2015

Energiewende: Neuer Wein in neuen Schläuchen!

Ob Euro, Energiewende oder Schuldenkrise: Die Industrieländer stehen in einer epochalen Umbruchsphase. Die etablierten politischen Kräfte öffnen sich dem Wandel meist erst, wenn er unausweichlich geworden ist. „Mainstream“ Strategien zur Energiewende bauen weiter auf Grosskraftwerke, auf Deregulierung und Marktliberalisierung. Die ab 2020/2022 erwartete „Stromversorgungslücke“ würde vorerst mit Gaskraftwerken und Importen gestopft. Ein struktureller Umbruch, welcher sinkendem Strombedarf und einen deutlich höheren Anteil von neuer erneuerbarer Energieträger – insbesondere der Sonne – bringt, wird erst nach 2025/2030 anvisiert. Beim Aufbau einer neuen, auf dezentrale Erzeugung ausgerichteten Stromwirtschaft kann nur eine konsequente Anwendung des Vorsorgeprinzips Wege aus der Krise weisen.

 Auf der Suche nach dem Gral hatte Parzival die richtige Frage im richtigen Zeitpunkt zu stellen. Das Ringen um Alternativen zur Kernenergienutzung polarisiert die Schweiz seit Jahren. Die Diskussion erinnert an die Suche nach dem heiligen Gral. Dieser Beitrag baut auf der These auf: Die Schweiz (und die EU Länder) leiden nicht primär am Ungenügen von Energie- oder Umweltpolitik. In Schieflage geraten die Industrieländer (und zunehmend auch Schwellenländer) vor allem wegen des stetig wachsenden Energie- und Ressourcenverbrauchs. 2 Dekaden nach dem Mauerfall beginnen die Errungenschaften der Wohlfahrt zu bröckeln. Wir sitzen in einer Wachstums-, Währungs- und Schuldenfalle. Eine wachsende Geldmenge und die Bedienung der damit geschaffenen Schulden erzwingen einen wachsenden Güterstrom. Grünes Wachstum bleibt im bestehenden Finanzsystem eine Fata Morgana.

Die Entschuldung westlicher Staaten wäre, wenn überhaupt, wohl nur durch eine Verarmung breiter Bevölkerungsschichten zu erreichen. Dies scheint, zumindest in Mitteleuropa, politisch nicht durchsetzbar. Staaten und Notenbanken setzen entsprechend auf eine expansive Finanzpolitik. Wachstum ist zur Droge geworden, nicht unser freier Entscheid, wie viel uns davon zuträglich ist. Wachstum erhöht den Güterkonsum und damit den Verbrauch an Rohstoffen und Energie. Gewässer, Landschaft, Biodiversität und Klima geraten in Bedrängnis. Bei uns, wie auf globaler Ebene. Stehen wir ohne Alternative vor der Wahl zwischen Pest und Cholera? Souveränitätsverlust als Staat und „zum Wachstum verurteilt sein“ einerseits oder aber ein Wirtschaftskollaps? Das Opfer der letzten frei fliessenden Bäche kann für die Energiewende nicht zielführend sein, so lange nicht Alternativen zum heutigen von Wachstum und der Globalisierung abhängigen Finanzsystem auch in die Lösungssuche mit einbezogen werden. Das ist der neue Wein.

Diese grosse Zivilisationsfrage lässt sich nicht ib kleinen Kantonen wie Schaffhausen lösen. Die Energiewende bietet Chancen, Fragen anders zu stellen und lokale Netze mit regionaler Wertschöpfung zu stärken. Die so gestalteten „neuen Schläuche“ schaffen Arbeit und machen die Stromversorgung schrittweise autarker. Ein auf regionale Netzwerke gestützter Innovationsschub für die Energiewirtschaft senkt auch die Krisenanfälligkeit für den Fall, dass die Rettungsschirme und Feuerwehreinsätze der Finanzinstitutionen den Problemen nicht mehr Herr würden. Wie neuer Wein in neue Schläuche geführt werden kann, soll nachfolgend in 4 Thesen vertieft werden.

  • 1. Erneuerbare Energien sind eine wunderbare Sache. Der Begriff des „grünen Wachstums“ verschleiert aber, dass ohne „Décroissance“[1], der Abschied vom Wachstumszwang, wir immer wieder von Entscheiden stehen, wie seinerzeit beim „Kraftwerk Rheinau“ in den 1950er Jahren.

Die Erde ist endlich. Die Landfläche, das fruchtbare Ackerland und die Frischwasservorkommen sind begrenzt. Seit 1992, der ersten Rio Konferenz, an welcher die Klimakonvention unterzeichnet wurde, hat der Energieverbrauch der Schweiz um mehr als 10% zugenommen[2], die Siedlungsfläche wurde ausgedehnt und die Treibhausgasemissionen sind seit 1990 nur unwesentlich gesunken. Dies, obwohl im Zuge der Globalisierung in diesem Zeitraum Güterproduktion und damit ein Teil der Arbeitsplätze ostwärts verlagert wurden. 1992 reichte der geschaffene Wohlstand – richtig verteilt – für alle in der Schweiz. Wir hätten seit Rio einen Teil unseres ökologischen Fussabdrucks an Entwicklungsländer abtreten müssen. Analysen zum Stofffluss der Güter zeigt, dass das Gegenteil eingetreten ist. Herkömmliche Analysen übersehen die fatale Wachstumsabhängigkeit, welche das geltende Finanzsystem erzeugt. Die Sub-prime Finanzkrise von 2007/2008 hätte als letzter Weckruf in dieser Sache genügen müssen. Die Schuldenberge und die ungleich verteilten Privatvermögen wachsen seither aber weltweit rasant weiter. Noch fordern Bürgerinnen und Bürger nicht ihre eigenen, nur der Sicherung des Güterkreislaufs verpflichteten Währungen zurück. Es dürfte bald so weit kommen, wenn immer mehr Menschen die Unzweckmässigkeit der alten Lösungsansätze, welche über kurz oder lang alle in Schuldknechtschaft führen, erkennen.

  • 2.     Die Energiewende stützt sich auf das Konzept der 2000-Watt-Gesellschaft. Jede der kommerziellen Formen von Energienutzung beansprucht endliche Ressourcen (auch die Kernenergie) und ist mit Belastungen für Natur und Umwelt verbunden. Durch Nutzung erneuerbarer Energien und der grossen Energiesparpotenziale lässt sich ein angemessener Wohlstand auch ohne Kernenergie und mit einem Bruchteil des heutigen Einsatzes an fossilen Brennstoffen sichern.

Diese Strategie ist Schritt für Schritt wirtschaftlich umsetzbar, braucht aber klare und verbindliche politische Zielsetzungen[3]. Im Grundsatz soll der Nutzung der Sonnenenergie Priorität eingeräumt werden. Darin liegt eine Chance für die Stärkung der Regionalwirtschaft. Die Vision der 2000 Watt Gesellschaft hilft in der Gestaltung von Siedlungen, in der Mobilität aber auch bei der Formulierung von Entwicklungsstrategien von Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen die Prioritäten anders zu setzen. Die Landwirtschaft kann als „neuer Schlauch“ auch wieder Energie produzieren, statt nur verbrauchen, benötigt dazu aber eine neue Ausrichtung. Der Selbstversorgungsgrad mit Nahrungsmitteln soll steigen.

  • 3. Fukushima zeigt: Wir brauchen eine Atomaufsicht, welche das Vorsorge- und Verursacherprinzip auch bei der Kernenergie durchsetzt. Auch in High-Tech Ländern wie Japan oder der Schweiz ist die Nutzung der Atomkraft mit weittragenden Risiken verbunden. Die Kernenergie deckt ihre wahren Kosten nicht. Die Risiken sollen durch geordneten Ausstieg mit gesetzlich geregelten Restlaufzeiten auf ein gesellschaftlich akzeptables Mass begrenzt werden. Der Ausstieg ist ein Gebot der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vernunft und nicht nur geboten, weil neue AKWs nicht mehrheitsfähig sind.

Die ältesten 3 AKWs der Schweiz, Mühleberg und Beznau 1 und 2 weisen im Vergleich zu Anforderungen an Neuanlagen Defizite beim Hochwasserschutz und bei den Reaktorsicherheitssystemen auf, welche durch Nachrüstungen nicht vollständig behoben werden können. Es muss daher Ziel sein, im Dienste der nuklearen Sicherheit in der Schweiz, Mühleberg im Jahr 2013 und die beiden AKW Beznau nach 45 Betriebsjahren ausser Betrieb zu nehmen. Als Überbrückung und Teilersatz dieser AKW, sind unter zweckmässigen Rahmenbedingungen Gaskombikraftwerke als das kleinere Übel zu akzeptieren. Die getätigten Rückstellungen für Stilllegung und Entsorgung radioaktiver Abfälle genügen heute nicht. Nach Einschätzung vom Hans Rudolf Strahm[4] sind diese Fonds für die fünf schweizerischen Atomkraftwerke „sträflich“ unterdotiert. Die Einzahlungen der AKW Betreiber sind im Rahmen gegenwärtig laufenden Überprüfungen deutlich anzuheben, auch wenn dies den Strom in der Schweiz um einen Rp/kWh verteuern würde.

  •  4    Bis Mitte des 21 Jahrhunderts soll die Energieversorgung in den Bereichen Strom und Gebäudeenergie ganz, bei Industrieprozessen und in der Mobilität zu wesentlichen Teilen auf erneuerbaren Energien basieren. Die verstärkte Nutzung der regionalen Potenziale an erneuerbarer Energien stösst dabei aber auch auf legitime Schutzinteressen. Eine zu enge Fokussierung auf erneuerbare Energie führt nicht zum Ziel. Ebenso wichtig ist der Strukturwandel der Wirtschaft hin auf eine 2000 Watt Gesellschaft.

Bundesrat, National- und Ständerrat wie die Schaffhauser Regierung[5] stellen ihren Beschluss zum Ausstieg aus der Kernenergie auf die Grundlage einer neuen Energiepolitik mit den Pfeilern Energieeffizienz und erneuerbare Energien ab. Diese Stossrichtung stimmt. Die Energiewende soll sich deshalb auf 3 Pfeiler abstützen:

a)      die Produktion aus erneuerbaren Energieformen soll dezentral und überregional – vorangetrieben werden. Die Finanzierung von Projekten regionaler Bedeutung wird über eine Förderabgabe sichergestellt.

b)      Gesetzlich verankerte Ziele zur Erhöhung der Energieeffizienz: Der Kanton Basel weist den Weg mit einer Finanzierungs- und einer Lenkungsabgabe auf Strom (ökologische Steuer Reform).

c)      Suffizienz: Wir stehen an einer Wegkreuzung: Die Ressourcen der Erde sind übernutzt, gleichzeitig sind Kernenergie und fossile Brennstoffe abzulösen. Der Wachstumszwang ist losgelöst vom Ausstieg aus der Kernenergie zu hinterfragen. Er frisst sonst, wie die Erfahrung der Vergangenheit zeigt, die Früchte der erzielten Effizienzgewinne wieder auf. Die praktischen Lösungen auf diesem Weg werden noch kontrovers diskutiert.

Die  Probleme der Zukunft mit den Rezepten der Vergangenheit lösen zu wollen, könnte Störungsanfälligkeit der Volkswirtschaft noch zusätzlich erhöhen. Risiken ergeben sich etwa aus den hohen Anfangsinvestitionen der Energiewende. Die Tragbarkeit für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten ist dann gegeben, wenn Energieproduktivität und Energiepreise im Gleichschritt steigen. Die Anpassung der Strompreise soll in kleinen stetigen Schritten erfolgen. Regionen, die in dezentrale Versorgung investieren, mögen kurzfristig höhere Kosten zu tragen haben, gewinnen aber auf längere Sicht Vorteile. Sie können Turbulenzen an den Weltmärkten mit geringeren Anpassungskosten und einer höheren Lebensqualität für ihre Einwohner bewältigen. Dies könnte zum wichtigen Merkmal des Schaffhauser „kleinen Paradieses“ werden. Die  ersten Schritte dazu sind schon gemacht . Packen wir es an, In kleinen Schritten von Seiten der Politik und privaten „Investitionen“. In der Entwicklungszusammenarbeit habe ichgelernt: Auf mittlere Frist schafft die Volkswirtschaft, das, was Menschen sich in ihr Leben wünschen soweit die Grenzen von Natur und Raum dies zulassen. Und unsere Wünsche sollten denen anderer nicht diametral entgegenstellen. Wenn dies der Fall ist, öffnen sich in der Politik Grabenkriege. Die Zeit solche Grabenkriege auszutragen, fehlt heute.

Othmar Schwank, Rüdlingen zum Atomausstiegsbeschluss des Kantonsrates Schaffhausen


[1] Balthasar Glättli: 8 Millionen Schweiz – Wo liegt das Problem;  P.S vom 23. August 2012

[2] Von 800PJ (1992) auf 911PJ im Jahr 2010 entspricht einer Zunahme von rund 14%. Die Bevölkerung der Schweiz nahm im gleichen Zeitraum von 6.87 Mio (1992) auf 7.82 Mio (2010) zu.

[3] Quellen: Regionalstudie 2000-Watt-Gesellschaft Bodensee, Kurzfassung Seite 6-7, Charta der 2000-Watt-Städte in der Bodenseeregion, www.konstanz.de/umwelt/01064/01083/04124/index.html

[4] Hans Rudolf Strahm: „Die Endlagerung der radioaktiven Abfälle ist eine ökonomische Geisterfahrt“, Kipa 21.08.2012

Oberflächenanlagen sind das Dach eines Tiefenlagers.

Am 20. Januar hat die NAGRA 20 mögliche Standorte für Oberflächenanlagen von geologischen Tiefenlagern in 6 Standortregionen der Schweiz publiziert. Der interessierte Beobachter nahm zur Kenntnisi, dass die NAGRA diese Anlagen in grosser Zahl auf quartärem Schotter über grossen Grundwasservorkommen platziert. Warum? Langzeitsicherheit und Betriebssicherheit der Lager sind gesetzlich definierte Schutzziele. Diese Schutzziele müssten durch Konditiionierung der radioaktiven Abfälle, der Lagerkonzeption, den Zugangsbauwerken und „dem Dach“ des Bauwerks, der Oberflächenanlage erreicht werden. Während die interessierte Oeffentlichkeit noch auf konkrete Antworten wartet, wie Sicherheit in den unterliegenden Geschossen des Bauwerks geologisches Tiefenlager gewährleistet werden soll, kennen wir jetzt schon mögliche Anordnungen „des Dachs“. Die NAGRA versichert, dass das Dach nicht zwingend über den Geschossen stehen muss, um Sicherheit zu gewährleisten. Lebenserfahrung lehrt, dass grosse „architektonische Gestaltungsfreiheit“ ihren Preis hat z.B. bei den Kosten, bei der Statik und Bauphysik und möglicherweise eben doch bei der Sicherheit. Dies indem durch die raumplanerische Festlegung „des Dachs“, vor die Lage von Fundament und Erdgeschoss bekannt sind, sicherheitsrelevante Freiheitsgrade verloren gehen könnten und Zugangsbauwerke präjudiziert werden. Die NAGRA sucht die Nähe zu Grundwasser nicht . Aber Verkehrsachsen folgen seit  der Römerzeit Tälern und Flüssen, welche die Gletscher aus den geographischen und geologische Gegebenheiten unserer Landschaft herausmodeliert hatten. Hinter der Nähe zu Verkehrsachsen stehen auch Logistik und Kostenüberlegungen. Gegen diese Kriterien ist nicht einzuwenden. Nur sollten sie erst dann herangezogen werden, wenn die NAGRA die sichersten Orte für Lagerfeld – das Erdgeschoss – und die sichersten Zugangsbauwerke dorthin ausweisen kann. Die NAGRA müsste gemäss Sachplan bis in 2 Jahren dazu wesentliche Fragen beantworten können. Lohnt sich der Zeitgewinn für ein raumplanerisches Verfahren ohne genügendes Fundament mit dem Risiko, dass der politische Prozess an einen Ort führt, welcher sich in 10 Jahren eventuell als ungeeignet herausstellt?  Wir werden die Antwort in 10 Jahren kennen.

Regionalkonferenz Südranden gegründet

Am Samstag fand in Neuhausen am Rheinfall die Gründungsversammlung der Regionalkonferenz Südranden statt. Delegierte aus Gemeinden, Organisationen und aus der Bevölkerung der Region Schaffhausen und Weinland setzten erste Zeichen in der Diskussion um den potenziellen Standort für ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle. Als Geschäftsführer dieser Regionalkonferenz wartet ein umfangreicher Aufgabenkatalog auf mich. Am meisten beschäftigt mich dabei: wo wirken die Antworten, welche wir auf Fragen der Delegierten geben, hilflos und unglaubwürdig? Alle wären froh, es gäbe Aussicht auf eine internationale Lösung, damit zumindest die hochaktiven radioaktiven Abfälle nicht in einem so dicht besiedelten und geologisch aktiven Gebiet so nahe an der Grenze Deutschlands gelagert werden müssten. Nur zeichnet sich eine solche Lösung zurzeit nicht ab. Die Zusicherung, dass eine mögliche Standortregion sicher nicht allein gelassen wird, wenn radioaktive Abfälle während der Betriebsphase eines Tiefenlagers 2030 bis 2070 oder während der Beobachtungphase danach allenfalls wieder zurückgeholt werden müssten, wirken noch hilflos und unglaubwürdig. Im Entsorgungsfonds der Kernkraftbetreiber befinden sich gerade einmal knapp 3 Milliarden Franken. Die absehbaren und aufgelaufenen Fixkosten der Entsorgung radioaktiver Abfälle betragen aber mindestens 10 Mia Fr. und diese Mittel müssten eigentlich nach 35 AKW Betriebsjahren einbezahlt sein…. Der Beitragszahler Zins leidet gegenwärtig unter Schwächeanfall und Finanzanlagen als solche sind dem Verlustrisiko turbulenter Finanzmärkte ausgesetzt. Also haftet auch hier der Steuerzahler des Bundes? Aber welche Sicherheit haben wir heute, dass dieser Steuerzahler nur schon im Jahr 2023 – dann würde nach Plan des UVEK das Referendum für ein Rahmenbewilligungsgesuch stattfinden – in einer solventen Verfassung ist? Es gibt zurzeit in zu vielen politischen Handlungsfeldern offenen Rechnungen, von den Sozialversicherungen über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge bis hin zur Bahnfinanzierung….

Die Euro Krise reicht bis nach Indien

Zumindest füllt die Eurokrise die Spalten indischer Tageszeitung. Bei Frühstück in Pune springt mir ein Titel ins Auge: „lets put our hands together and welcome the crisis“. Der Untertitel sagt: Globale Finanzmärkte verhalten sich wie von periodischen Waldbränden befallene Wälder. Das Löschen kleiner Feuer mit der Feuerwehr „Liquidität“ erhöht das Risiko eines grossen Flächenbrandes. Eine Untersuchung einer kalifornischen Universität zur Dynamik von Waldbränden im Yellowstone Nationalpark zeigt, dass das Auftreten von Waldbränden die Stabilität des Waldes nicht bedroht. Es entstehen Lücken im Baumbestand und Jungwald welcher die Ausbreitung des nächsten Waldbrandes bremst. Werden aber im Wirtschaftswald grossflächig wenige Baumarten gepflanzt und kleine Feuer mit den verfügbaren Mitteln gelöscht steigt das Risiko von Grossbränden die mit den verfügbaren Löschmitteln nichtmehr zu beherrschen sind. Interessant die Bezüge die der Autor zur globalen Schulden- und Eurokrise herstellt: Das Endspiel: Wie die globale Schuldenkrise alles fundamental verändert. Es gab schon in den 1980er Jahren eine Schuldenkrise v.a. in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Notenbanken und der Währungsfonds sind damals den Banken zu Hilfe geeilt – die Feuerwehr. Der Einsatz der Feuerwehr liess die Banken Risiken eingehen, die sie nicht eingegangen wären, wenn sie sich selbst hätten gegen Waldbrände wappnen müssen. Die Schuldenbestände haben nach zwei weiteren Finanzkrisen in welchen die Feuerwehr mit zusätzlicher Liquidität ausrückte, ein derart erdrückendes Gewicht erreicht, dass nur noch der Schuldenschnitt bleibt –die grosse Schneise gegen den Waldbrand also. Nicht nur für Griechenland, sondern für alle überschuldeten westlichen Länder. Im Gegensatz zur klassischen Umschuldung müssen die Anleger und Banken die Kosten ihrer Fehlspekulation mit Euroland Staatsanleihen aber nicht wirklich selbst tragen – sie profitieren von den Geschenken der noch zahlungsfähigen Euroländern und damit dem Steuerzahler. Stellen wir uns besser auf die unangenehme Wahrheit ein, dass kein Rettungsschirm möglicherweise verhindern kann, dass wir mehr als ein kleiner „haircut“ der Ersparnisse und damit auch der Renten verlieren – das Leben geht auch danach weiter. Wichtig ist, uns nicht durch die Härte des Falls so auseinander dividieren zu lassen, dass der Waldbrand durch Angst und Wut Plünderungen und Unruhen bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen auszulösen vermag.